Nach Betriebsschluss sind die Pisten für alle geschlossen, das gilt auch für Tourengänger/-innen. Eine Sperrung der Pisten für Tourengänger/-innen ist auch während der Betriebszeiten möglich. Die Situation ähnelt jener von Schlittlern, Schneeschuhläufern und Fussgängern, die grundsätzlich nicht auf Pisten gehören.
Richtlinien mit Ermessensspielraum
Der Umgang mit Tourengänger/-innen auf der Piste sind in den SKUS-Richtlinien geregelt und stellt für viele Seilbahnunternehmen eine Herausforderung dar.
Aus Ziffer 61 bis 65 SKUS-Richtlinien (SKUS-RL) und aus Ziffer 223 bis 228 SBS-Richtlinien (SBS-RL) gehen folgende Punkte hervor:
Die Tourengänger/-innen bewegen sich auf eigenes Risiko, sowohl im Aufstieg als auch in der Abfahrt
Die FIS- Regeln und die SKUS-Richtlinien sind einzuhalten.
Für den Aufstieg gilt die FIS-Regel 7 (Ein Skifahrer oder Snowboarder, der aufsteigt oder zu Fuß absteigt, muss den Rand der Pisten benutzen)
Bei engen Pistenabschnitten kann der Zugang für aufsteigende Tourengänger/-innen gesperrt werden.
Eine ausdrückliche Öffnung am Abend oder an bestimmten Tagen ist möglich; die Bekanntgabe erfolgt auf Orientierungstafeln, es werden keine Unterhaltsarbeiten mit Pistenmaschinen durchgeführt. Bei Lawinengefahr erfolgt eine Sperrung.
Gesonderte Aufstiegsspuren können angelegt werden, sind aber wie Abfahrten gelb zu markieren und vor alpinen Gefahren zu sichern.
Den Seilbahnunternehmen steht es frei, von den Tourengänger/-innen moderate Beiträge für die Benützung der für die zahlenden Gästen bestimmten Schneesportanlagen zu verlangen.
Ausserhalb der Öffnungszeiten der Anlagen, unter Vorbehalt einer ausdrücklichen Öffnung, sind die Pisten auch für Tourengänger/-innen geschlossen und damit gesperrt. Es besteht Lebensgefahr, zum Beispiel aufgrund Lawinensprengungen oder Pistenpräparation
Diese Bestimmungen zielen darauf ab, die Anliegen der Tourengänger/-innen zu berücksichtigen, indem den Seilbahnunternehmen ein Spielraum für ihr Ermessen eingeräumt wird. Dadurch sollen sie in der Lage sein, von den grundlegenden Regeln abzuweichen, um den Bedürfnissen der Skitourengeher besser gerecht zu werden.
Grundsätze
Ziffer 41 SKUS-RL: Die Pisten und Abfahrten sind für Skifahrer/-innen und Snowboarder/-innen bestimmt.
Ziffer 44 SKUS-RL: Schlittler/-innen, Längläufer/-innen, Mountainbiker/-innen, Fussgänger/-innen, Schneeschuhläufe/-rinnen, Hunde usw. gehören nicht auf Pisten und Abfahrten (für Tourengänger/-innen vgl. Kapitel XIV).
Ziffer 196 SBS-RL: Wo die Geländeverhältnisse es erlauben und das Verkehrsaufkommen es rechtfertigt, können Schlittelwege, Langlaufloipen, Winterwanderwege, Aufstiegsspuren für Tourengänger/-innen und Schneeschuhrouten angelegt werden. Sie sind im Gelände d zu markieren, zu signalisieren und vor alpinen und atypischen Gefahren zu sichern.
Frage
Warum gehören Fussgängerinnen, Schneeschuhläuferinnen und Langläuferinnen nicht auf die Piste, aber Tourengängerinne schon?
Antwort
Das Tourengehen auf der Piste dürfte kein bestimmungsgemässer Gebrauch der Piste darstellen, wie dies aus Ziffer 44 SKUS-RL hervorgeht.
In den SKUS-Richtlinien Kapitel XIV. Tourengänger/-innen sind aber ausdrückliche Bestimmungen für Tourengänger/-innen aufgestellt. Einem Seilbahnunternehmen, welches Skitouren auf den eigenen Pisten erlaubt, dürfte somit kaum ein Vorwurf hinsichtlich Verkehrssicherungspflicht bzw. Verletzung von Ziffer 44 SKUS-RL gemacht werden.
Weil die Regelungen von Kapitel XIV den Seilbahnunternehmen Ausnahmen zugunsten der Tourengänger/-innen erlauben, werden diese unter Umständen anders als Fussgänger, Schneeschuhläufer und Langläufer behandelt.
Umsetzung eines generellen Verbots
Trotz der Bestimmungen von Kapitel XIV SBS-RL bleibt eine grundsätzliche Sperrung für Tourengänger/-innen erlaubt. Einem SBU steht es immer noch frei, die Pisten auch während der Betriebszeiten für Tourengänger/-innen zu sperren, genauso wie es dies beispielsweise für Fussgänger/-innen aufgrund von Ziffer 44 SKUS-RL macht.
Es liegt im Ermessen des Seilbahnunternehmens zu entscheiden, ob es von den Ausnahmen zugunsten der Tourengänger/-innen Gebrauch machen oder strengere Regelungen festlegen möchte. Für die Durchsetzung strengerer Regelungen stehen die gleichen Mittel wie bei anderen Sperrungen zur Verfügung. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass kein Vertrag zwischen Tourengänger/-innen und dem Seilbahnunternehmen besteht. Infolgedessen entfällt beispielsweise die Möglichkeit, die Tageskarte zu entziehen, unter Vorbehalt der Erhebung einer Nutzungsgebühr für Tourengänger/-innen.
Für die Einhaltung der Sperrung muss aber gesorgt werden, ansonsten wird die Wirkung von Verbotstafeln und allfälligen anderen Massnahmen verwässert.
Fazit
Eine Sperrung während der Betriebszeiten ist für Seilbahnunternehmen prüfenswert. Bei einem Unfall dürfte dann die Lage ähnlich sein, wie wenn Skifahrende auf einer gesperrten Skipiste verunfallen: Das Seilbahnunternehmen befindet sich in einer besseren Ausgangslage, als wenn Skifahrende auf einer geöffneten Piste verunfallen.
Mehr Informationen:
Verkehrssicherungspflicht auf Schneesportanlagen SBS 2019
DEpdf1.83 MBVerkehrssicherungspflicht auf Schneesportanlagen SBS 2019 Änderungen und Erläuterungen
DEpdf803.33 KBSchneesportanlagen Richtlinien SKUS 2022
DEpdf1.43 MB