Die Weisse Arena Gruppe hat sich bereits vor über 12 Jahren den Themen Energieeffizienz und Energiegewinnung angenommen und das Nachhaltigkeitskonzept „Greenstyle“ implementiert. Im Interview verrät Markus Wolf, CEO, Weisse Arena AG, welche Herausforderungen das Thema Energie mit sich bringt und was noch alles möglich ist.
Seilbahnen Schweiz: Seit Mai 2020 leiten Sie nun das operative Geschäft der Weissen Arena AG. Was hat sich seither in Punkto Energieeffizienz und Energiegewinnung getan?
Markus Wolf: Die Weisse Arena Gruppe (WAG) ist bereits seit einigen Jahren daran, im Nachhaltigkeitsbereich unter dem Label Greenstyle zu investieren. Im Energiebereich verfolgt die WAG einen Sechs-Punkte-Plan, welcher die Punkte Energieeffizienz, Dekarbonisierung des Gebäudebestandes, Solararchitektur, Elektrifizierung der Mobilität, Grosskraftwerke und die Energiespeicherung beinhaltet. In Sachen Energieeffizienz und Dekarbonisierung des Gebäudebestandes konnten im vergangenen Jahrzehnt sehr grosse Fortschritte erzielt werden. Die Ausrüstung unserer Gebäude mit Photovoltaik (PV)-Anlagen gewinnt in den nächsten vier Jahren noch einmal deutlich an Tempo, da grosse PV-Anlagen an und auf Bahnstationen sowie anderen Gebäuden geplant sind. Die Elektrifizierung der Mobilität funktioniert auf der Strasse sehr gut, im Bereich der Nutzfahrzeuge und insbesondere bei den Pistenmaschinen sind wir noch stark davon abhängig, wie rasch unsere Partner alternative Antriebsformen zur Marktreife bringen können. Im Bereich der Grosskraftwerke und Speichermöglichkeiten geht es um grosse Investitionsprojekte mit entsprechend langen Vorlaufzeiten. Dort befinden wir uns deshalb erst in der Projektentwicklung.
Die WAG hat das Ziel, dass die Feriendestination Flims Laax Falera den Energiebedarf selbst deckt. Welche Massnahmen konnten bereits umgesetzt werden und wie weit ist es noch bis zum Ziel?
Die WAG als grösste Unternehmung der Region und Gesamtdienstleister der Destination hat die Vision, dass die ganze Destination ihren Energiebedarf mit klimafreundlichen und regionalen Quellen deckt. Die WAG möchte mit gutem Beispiel voran gehen und auch andere Leistungsträger animieren, in die Stromversorgung zu investieren. Diese Vision lässt sich jedoch nur umsetzen, wenn alle mitmachen und im Bereich Energieeffizienz und Energieversorgung investieren.
Bei der WAG wird die Stromversorgung seit 2008 zu 100% durch erneuerbare Energie abgedeckt. Für die Pistenfahrzeuge muss mangels Alternativen noch Diesel verwendet werden. Auch einige ältere Gebäude werden noch mit Öl beheizt. Unser Ziel ist im Bereich Energie, bis 2030 CO2 neutral zu werden. Der gesamte Betrieb soll, wenn möglich, zu 100% mit erneuerbarer Energie versorgt und keine fossilen Energien mehr verwendet werden. Die WAG arbeitet deshalb laufend daran, den Anteil an Solarstrom zu erhöhen und weitere Projekte zum Thema erneuerbare Energien voranzutreiben. (siehe Frage 1)
Wurde bzw. wird bei den unterschiedlichen Projekten die Unterstützung von Experten beansprucht oder sind die Mitarbeitenden dank den Projekten mittlerweile selbst zu Energieexperten geworden?
Wir verfügen über viel Wissen und Kompetenz, selbstverständlich sind wir in diesem Bereich aber auch auf das Knowhow von Experten aus der Energiebranche und weiteren Partnern angewiesen. Auch die Zusammenarbeit mit den Gemeinden sowie den Elektrizitätswerken aus der Region ist für die Energiewende von zentraler Bedeutung.
Welche Ansprechpartner wurden mit ins Boot geholt und wie haben Sie die Mitarbeitenden für das Thema begeistert?
Die externen Ansprechpartner wechseln je nach Thema und gefragter Expertise. Die Begeisterung der Mitarbeitenden und damit auch einer Inhouse-Greenstyle- Kultur ist essenziell für den Erfolg derart ambitionierter Projekte. Die entsprechende Entwicklung könnte man vielleicht so beschreiben: Ein interner Nachhaltigkeits- Verantwortlicher ist zu Beginn vielleicht noch ein wenig ein einsamer, ungehörter Rufer. Mit der Zeit wird er zunehmend gehört und einbezogen. Später entwickelt sich ein Netz von affinen Leuten über alle Unternehmensbereiche. Und als höchstes aller Ziele trägt die Mehrheit der Mitarbeitenden die Anliegen im Herzen und trägt die Werte der Initiative in jeden Arbeitsbereich. Bei der Weissen Arena sind wir diesbezüglich bereits sehr weit, Greenstyle ist ein wichtiger Teil unserer Unternehmenskultur geworden.
Welche Hindernisse sind in den diversen Projekten aufgetaucht und wie konnten die Stolpersteine überwunden werden?
Die Hindernisse auf dem ambitionierten Weg sind zahlreich. So bestehen beispielsweise viele Abhängigkeiten von Partnern und Lieferanten. Sei es bezüglich Pistenmaschinen, Seilbahnen oder Beschneiungsanlagen, welche das Entwicklungstempo massgeblich mitbestimmen. Weiter sind regulatorische Hindernisse wie die Netznutzung innerhalb des Skigebietsperimeters, die für den ROI einer PV-Anlage relevanten Einspeisevergütungen oder auch Beschränkungen im Bau von Wind- oder PV-Anlagen ausserhalb der Bauzonen zu erwähnen.
Ende Juni konnten Sie den offiziellen Spatenstich für den Flem Xpress vornehmen. Sind nebst dem bis 50 % geringeren Energieverbrauch im Vergleich zu herkömmlichen Gondelbahnen weitere energietechnische Einsparungen oder Massnahmen zur Energiegewinnung (bspw. PV-Anlage oder Wärmerückgewinnungsanlage) eingeplant?
Im Zentrum des Projekts steht sicher die revolutionäre Seilbahntechnologie, welche bezüglich Energie, Wartungs- und Personalaufwand neue Massstäbe setzen soll. Selbstverständlich nützen wir die Gelegenheit und werden auf allen sinnvollen Flächen, insbesondere auf den Dächern und an den sonnenexponierten Fassaden, PV-Anlagen realisieren. Wärmerückgewinnungslösungen prüfen wir derzeit auf deren Potenziale, weil eine entsprechende Investition nur dann Sinn macht, wenn der gewünschte Wirkungsgrad gegeben ist.
Welche Tipps können Sie Seilbahnunternehmen geben, welche Projekte für die eigene Energieversorgung und eine effizientere Energieverwendung ins Auge fassen?
Wir freuen uns über einen regen und offenen Austausch innerhalb unserer Branche und sind überzeugt, dass alle Unternehmen gegenseitig voneinander lernen können. Wer an unseren Erfahrungen interessiert ist, wird diese ab Ende dieses Jahres in unserem Greenstyle-Buch nachlesen können.