Obwohl die Stockhornbahn vor 17 Jahren den Skibetrieb eingestellt hat, ist sie heute aufgrund verschiedener Umstellungen und einem angepassten Angebot besonders erfolgreich unterwegs. Stefan Schmid, Geschäftsführer der Stockhornbahn AG, gibt im Interview Auskunft über die Erfolgsfaktoren, die Umsetzung der Barrierefreiheit und neue Projekte.
SBS: 2022 war für die Stockhornbahn das beste Jahr der Unternehmensgeschichte. Welche Faktoren haben zu diesem Erfolg geführt?
Stefan Schmid: Es passte fast alles im Jahr 2022 und es war eine Summe von verschiedenen Faktoren: das Wetterglück, der Postcorona-Nachholbedarf der Gäste sowie unser Wintergeschäftsfeld mit den Aktivitäten Iglu, Schneeschuh- und Schlittschuhlaufen, welches sich immer besser entwickelt. Dazu kamen verschiedene Marketingmassnahmen, das Kostenmanagement und als wichtigster Punkt gerade auch in Bezug auf unser Image: die Freundlichkeit und die Dienstleistungsbereitschaft unseres Personals gegenüber den Gästen. Es war wirklich ein besonderes Jahr für uns, trotzdem wachsen «unsere» Bäume weiterhin nicht in den Himmel (lacht).
Der Skibetrieb wurde auf dem Stockhorn 2005 eingestellt. Wie schnell konnte das Unternehmen auf Angebote im Sommer umstellen?
Als Aussichtsberg mit den vorhandenen Restaurants ging es relativ einfach und rasch. Verschiedene Sommerangebote wie das Bungee-Jumping aus der Bahn, das Fischen, die Trotti-Bike-Abfahrt, der Ausbau des Seerundweges für Rollstühle etc. entwickelten sich erfolgreich in den Folgejahren. Mehr zu schaffen, machte den damals Verantwortlichen das Unverständnis der regionalen Bevölkerung über die Einstellung des Skibetriebs.
Nach dem schneearmen Winter überlegen sich einige unserer Mitglieder, ob und wie sie eine Umstellung auf ganzjährige Angebote schaffen. Welche Tipps können Sie geben?
Jede Destination hat ihre eigenen Besonderheiten. Ganzjährig funktionierende Angebote sind relativ schwierig umzusetzen. Es wäre anmassend, hier jemandem Empfehlungen abzugeben. Ein Eckpfeiler des Erfolges ist sicher die Bedürfnisse der Gäste zu kennen und die fortwährende Weiterentwicklung der Infrastruktur, der Organisation und vor allem des Marketings. Es werden oft hohe Summen in neue Gästeattraktionen investiert, aber die meisten potenziellen Besucherinnen und Besucher kennen diese auch Jahre später kaum.
Dem Thema Barrierefreiheit hat die Stockhornbahn AG früh Beachtung geschenkt. Bis Ende 2023 müssen alle Seilbahnen mit mehr als acht Plätzen und dazugehörenden Einrichtungen an die Vorgaben des Behindertengleichstellungsgesetzes (BehiG) angepasst werden. Seit wann sind die Vorgaben bei der Stockhornbahn umgesetzt und wie lange hat die Umsetzung gedauert?
Schon seit längerer Zeit engagiert sich die Stockhornbahn für behinderte Menschen. Unser Partner Cerebral hat die eine oder andere Einrichtung für Meschen mit eingeschränkter Mobilität teilfinanziert. Dies kommt uns nun bei der Umsetzung der BehiG-Anforderungen zugute. Die meisten Auflagen erfüllen wir schon seit Jahren, einige kleinere Anpassungen müssen wir noch vornehmen.
Mit «No Limits» bieten Sie einen Rundwanderweg an, der rollstuhl- und kinderwagenfreundlich ist. Wie entstand diese Idee?
Wir wollten etwas anbieten, was es bis dahin noch nicht gab. Die Fahrt mit einem geländegängigen Rollstuhl um einen Bergsee auf 1600m ü.M. war etwas völlig Neues. Gerade auch, weil wir den geländegängigen Spezialrollstuhl «Mountain Drive» in Zusammenarbeit und mit der Unterstützung der Stiftung Celebral entwickelt haben. Die Publicity war entsprechend gross, leider wird das Angebot nur wenig genutzt.
Welche Projekte sind derzeit in Planung?
Im Jahr 2022 wurde unser Parkplatz saniert und umgebaut, im 2023/2024 verlegen wir eine Trinkwasserleitung ins Erdreich, denn bisher wurde das Wasser mit Kanistern von der Quelle bei der Mittelstation via Bahn transportiert. Dieses Jahr bestücken wir ein erstes Dach unserer Gebäude mit Solarzellen, weitere werden folgen. Der Baubeginn für das Gipfelhotel ist im Jahr 2025/2026 vorgesehen. Hier sind wir in der Planungs- und Bewilligungsphase. Zu einem späteren Zeitpunkt ist der Bahnersatz in der 2. Sektion geplant.
Gibt es noch etwas, dass Sie den anderen Mitgliedern des Verbandes und den Leserinnen und Leserinnen mitteilen möchten?
Zur aktuellen Thematik Fachkräftemangel: Wir benötigen während der Sommersaison deutlich mehr Personal als im Winter. Ev. gibt es Unternehmungen, welche an einem saisonalen Personalaustauch interessiert wären. Wir können in der nahen Umgebung Zimmer oder Wohnungen zur Verfügung stellen. Für die kommende Sommersaison suchen wir noch einen gelernten Koch bzw. eine gelernte Köchin.